Natürlich ist die Goldene 20 nicht in Quarantäne! Ganz im
Gegenteil! Ihr habt ja alle jetzt Zeit, alles Mögliche zu lesen und anzuhören,
auch die Goldene 20! Hier ist der Youtube-Link für die Top 20 vom 1.4.1970.
Gleich sechs Neuzugänge in der Goldenen 20. Das liegt wohl am
Frühling vor 50 Jahren, dass zunehmend altes Zeug herausgekehrt wurde.
Interessant: auch vor 50 Jahren gab es eine außergewöhnliche
Grippewelle, die Hongkong-Grippe. Im SPIEGEL-Artikel wird berichtet, dass man
in Augsburg Müllmänner zum Gräberausheben verpflichtete, da es einerseits
erhöhten Gräberbedarf gab, andererseits die Totengräber so krank waren, dass
man befürchten mußte, sie würden alsbald ihre eigenen Kunden. Und Udo Jürgens
hat in Quarantäne 4 Pfund abgenommen (in der Goldenen 20 ist er jetzt auch
schon 1 Monat weg vom Fenster). Bemerkenswert, wie lahmarschig das Virus damals
war: im Sommer 1968 wurde es in Hongkong isoliert, dann zog es im März nach
Südafrika, dann im Mai nach Argentinien, um dann im November endlich bei uns zu
laden. Da hat unser Corona aber einen ganz anderen Speed!
Total lahme Hongkong-Grippe 1970. Quelle: SPIEGEL 1/1970 |
Auf keinen Fall möchte ich hier aber Wolfgang-Wodarg-mäßig
herüberkommen, es habe das alles schon immer gegeben. Gegen Hongkong konnte man
sich damals problemlos impfen lassen. Was aber nicht so viele gemacht haben,
weshalb dann ca. 40.000 gestorben sind, was man aber auch erst im nachhinein
ausgerechnet hat und auch keinen so richtig doll interessierte, weil es weder
Facebook noch Insta gab. Ah, jetzt weiß ich auch, woran dieser Wolfgang Wodarg
mich erinnert: an Catweazle! Auch
kompetenzmäßig! Salmei, Dalmei, Adomei!
Aber zurück vom virologischen Feld zu unseren kleinen Dingen. Die
Beatles hebe ich mir noch ein wenig auf. Neben Creedence Clearwater Revival
(habe ich schon ihre Nichtswürdigkeit erwähnt? Ja?) gibt es auf Platz 13 auch
einen interessanten Neuzugang: Bridge Over Troubled Water von Simon &
Garfunkel.
Brücke über verärgertes Wasser. Quelle: discogs |
Ich kann mich erinnern: irgendwann in den Neunzigern, ich fahre
auf der Autobahn, Sonntagmittag, und auf einer geruhsamen Interviewsendung im
Deutschlandfunk wird jemand befragt (keine Ahnung, wer das eigentlich war), und
die Gäste dürfen immer ihre Musik mitbringen, und er hat Bridge Over Troubled
Water. Warum denn dieses Lied, fragt der Moderator, und der Gast antwortet: Weil
es das perfekte Lied ist. Da ist etwas Wahres dran. Hört es Euch noch einmal in
Ruhe an, wie langsam und fast behutsam es beginnt, aber schon in diesen ersten
Zeilen klar ist, dass in dem Lied bald Großes geschehen wird. Es ist ein wahnsinnig
schöne Melodie, und niemand auf der Welt kann sie so singen wie Art Garfunkel
in diesen knapp 5 Minuten. Wobei das Orchester erst richtig nach dreieinhalb
Minuten einsetzt, zusammen mit dem Duogesang mit Paul Simon, aber dann ist
eigentlich auch schon alles passiert. Ich war damals richtiggehend ergriffen.
Es gibt nicht so viele perfekte Lieder. Merkwürdigerweise ist es Let It Be von
den Beatles fast ein wenig ähnlich – vielleicht auch ein nahezu perfektes Lied,
das sehr sparsam mit Klavier und Gesang beginnt. Dass beide ausgerechnet in
derselben Woche ihre Hitparadenkarriere beginnen, ist fast schon eine
großmütige Verschwendung üppiger Schönheit.
Rakete der Woche: Let It be von den Beatles von 0 auf 2
Veteran der Woche: Dein schönstes Geschenk von Roy Black mit 10 Wochen
Liebling der Woche: Bridge Over Troubled Water auf der 13