Zum drittenmal
hintereinander ist Nr. 1 In The Summertime, und wieder lauert dahinter der
Alpencondor. A Song Of Joy arbeitet sich langsam Richtung Elysium. Apropos: das
hatte ich kürzlich gar nicht erzählt, als wir über Götterfunken geplaudert
hatten. Ich war in der fünften und sechsten Klasse im Schulchor, allein
deshalb, um noch eine Vier oder bestenfalls eine Drei zu kriegen. Das war
nämlich unseren Musiklehrer Herrn M. sehr wichtig. Man konnte locker eine Note
gutmachen, wenn man im Schulchor war, und zwei Noten, wenn man im Orchester
war, auch wenn es nur die olle Flöte war. Da ich aber komplett unfähig war und
bin, ein Instrument zu spielen, mußte ich also meine Stimme im Schulchor
verkaufen. Natürlich könnte ich nicht im mindesten singen, aber das fällt nicht
so auf, wenn zwanzig schlechte Stimmen gegen zehn schlechte Flöten ansingen.
Wie auch immer: genau in eine dieser Stunden habe ich dann die Bekannschaft von
Elysium gemacht, weil das im Schulchor gesungen wurde. Nochmal der
Text:
Freude, schöner
Götterfunken
Tochter aus
Elysium,
Wir betreten
feuertrunken,
Himmlische,
dein Heiligtum!
Also, ich
interpretierte das so: die Freude der Götterfunken ist die Tochter, die aus
Elysium kommt. Ich hielt Elysium für ein Land oder eine Gegend wie Texas,
Rheinland-Pfalz oder Transsilvanien. Es hätte mich nicht gewundert, wenn in der
ADAC-Motorwelt in den Anzeigen eine Reise nach Elysium für 299 Mark angeboten
worden wäre. Ich weiß gar nicht, wann ich mir den Elysiumirrtum korrigierte.
Wahrscheinlich, kurz nachdem ich feststellte, dass die Zauber gar nicht binden,
was die Mode streng geteilt.
Übrigens ist
das sehr interessant, wie wenig dynamisch unsere Hitparade gerade ist. Ich habe
das mal für unser Jahr 1970 aufbereitet. Es geht um die durchschnittliche
Verweilzeit aller aktuellen Titel der Hitparade. Die ist in dieser Ausgabe auf
3,95 Wochen angestiegen. Anfang April war sie auf 3 Wochen gefallen. Ich bin
einmal gespannt, wie sich das in der nächsten Zeit darstellt. Ich tippe darauf,
dass es zum Herbst/Winter wieder abfällt und dann wieder steigt. Wir beobachten
das weiter!
Wieder ein elender Neueinstieg der elenden Creedence
Clearwater: Lookin‘ Out My Back Door. Wir
sind gerade so auf dem Höhepunkt ihrer Karriere, und unser einziger Trost ist,
dass es von dort auch nur bergab geht. Es ist ihre LP Cosmo’s Factory, die drei
große Hits abgeworfen hat. Ihr größter Hit für Deutschland steht uns allerdings
noch bevor, so fürchte ich. Lookin‘ Out My Back Door ist das nervtötende Lied
mit dem herausgequetschten „doo doo doo“. Ich weiß auch noch, dass ich das als
Kind schon nicht mochte. Das Video zeigt auch wieder einmal die ganze
Selbstzufriedenheit der Truppe. Grauenhaft.
Aber bei den
Neueinsteigern ist deutlich mehr Licht als Schatten: zu Black Night werde ich
einmal nächste Woche etwas schreiben. Jetzt zu The Who, mit denen der
Summertime Blues leider nur eine Woche lang unser Gast sein wird.
Ein großartiges
Stück. Schon das Original von Eddie Cochran ist richtig dreckig, aber die Who
bringen es noch kaputter, fertiger und abgefahrener hin. Ein Wunder, dass es
als Single veröffentlicht wurde und sich dann – wenn auch kurz – sogar
platzierte. Es ist eine Auskopplung der berühmten Live At Leeds LP, vielleicht
eine der besten LIVE-LPs aller Zeiten. Die Herrschaften spielten vor knapp
2.000 Zuhörern im Refektorium der dortigen Universität, und auch heute
verblüfft noch, wie direkt, auf den Punkt, laut und schmutzig diese Platte ist.
Als richtig ernsthafte Veröffentlichung war sie gar nicht geplant, sondern
quasi bootleg-artig. Und eigentlich war sie als „Live at Hull“ geplant, aber da
war die Tonbandanlage kaputt, dumm gelaufen, Hull. Die Platte hat für einiges
herhalten müssen, Erfindung des Heavy Metal, Erfindung des Punk und offenbar
alles dazwischen.
Single von 1970. Musikhaus Prunk. Quelle: discogs |
Hier die
Originalsingle von discogs herübergeladen. Besonders freut uns natürlich der
Aufkleber „Musikhaus Prunk Delmenhorst“. Was für ein Supername für ein
Musikhaus! Ich wette, die hatten keine CCR-Platten, so etwas hatte ein
Musikhaus Prunk überhaupt nicht nötig. Im Netz gibt es Geschichten, wie man
später auf Tüten das R aus Prunk ausgelöscht hat. Viva Musikhaus Punk!
Der Summertime
Blues hat jetzt auch in dieses Spätsommerberlin des Jahres 2020 geschafft. Der
Spätsommer des Sommers, den wir später einmal den Coronasommer nennen werden.
Ain’t no cure for the Summertime Blues.
Rakete der Woche: Komm in Boot von Adamo +9
Veteran der Woche: Du von Peter Maffay mit 11
Wochen
Liebling der Woche: natürlich Summertime Blues
von The Who